Hermannstadt

HERMANNSTADT/ SIBIU

liegt nördlich der Südkarpaten fast genau im Zentrum Rumäniens. Im Jahr 2007 war Hermannstadt Kulturhauptstadt Europas. "Villa Hermanni" (so der lateinische Name, der ab 1223 belegt ist) war über Jahrhunderte hinweg die reichste und mächtigste Siedlung der Siebenbürger Sachsen. Hermannstadt war Zentrum von Handel, Verwaltung und Kirche und bis 1878 Sitz der Nationsuniversität (Universitas Saxonum), einer Art Siebenbürger Parlament, Symbol der politischen Unabhängigkeit der Siebenbürger Sachsen. Vermutlich Mitte des 12. Jahrhunderts erreichten die ersten deutschen Siedler die Gegend; sie ließen sich auf dem Hügel über dem Zibin-Fluss, der heutigen Oberstadt, nieder. Die erste urkundliche Erwähnung erfolgte im Jahr 1191 unter dem Namen praepositum Cibiniensem; eine Propstei entstand. Ab 1223 ist der lateinische Name „Villa Hermanni“ belegt. 1241 wurde die Stadt während des Mongolensturms zerstört, erholte sich jedoch rasch. Im 14. Jahrhundert entwickelte sich Hermannstadt zu einem wichtigen Handelszentrum (1376 gab es bereits 19 Zünfte mit 25 Berufssparten), bedingt durch seine günstige geographische Lage am Schnittpunkt zweier Handelsstraßen.

Die Befestigungsanlagen der Stadt, die teils noch heute erhalten sind, verhinderten mehrfach Belagerungen der Türken, weswegen die Stadt auch als Bollwerk der Christenheit bezeichnet wurde. 

Erst nachdem Siebenbürgen Österreich angegliedert wurde, fielen im Jahr 1781 die alten Gesetze, nach denen sich in der Stadt keine anderen Nationen ansiedeln durften. Erst jetzt konnten auch Rumänen und Ungarn innerhalb der Stadtmauern Besitz erwerben. Bis zum Ende der 1930er Jahre behielte die Sachsen jedoch in Hermannstadt die absolute Mehrheit. Trotz massiver Auswanderung seit Mitte der 1970er Jahre lebten bis 1989 etwa 20.000 Sachsen in Hermannstadt. Nach 1990 sank die Zahl schnell; 2007 wurde die Zahl der in Hermannstadt lebenden Deutschen auf etwa 2000 beziffert (laut Wikipedia), zur evangelischen Gemeinde Hermannstadt zählten Ende 2009 1341 Seelen.

Heute ist die Stadt immer noch deutsch geprägt. Seit dem Jahr 2000 wird sie vom deutschen Bürgermeister Klaus Johannis regiert. Es gibt deutsche Kindergärten, Grundschulen, mehrere Gymnasien mit Deutsch als Unterrichtssprache (Muttersprache), darunter das Brukenthal-Lyzeum, das landesweit eine hohe Reputation hat. Es gibt eine Ausbildungsstätte für deutschsprachige Erzieherinnen und Lehrer, eine evangelisch-theologische deutsche Fakultät, an der die evangelische Kirche A.B. in Rumänien ihre Pfarrer ausbildet, an der Universität werden deutschsprachige Studienfächer angeboten. Im Kultur- und Begegnungszentrum "Friedrich Teutsch", das zur Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien gehört, befindet sich das Zentralarchiv der deutschen Minderheit mit einem großen Bestand historischer Materialien und Dokumente und das Landeskirchliche Museum der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien. Dort wurden nach der Auswanderung aus den aufgelösten Gemeinden wichtige Kunstgegenstände, Kultgeschirr, Kirchenbücher, Matrikel usw zusammengetragen und aufbewahrt. 

Die Nachbarschaften wurden in Hermannstadt schon 1891 aufgelöst. Seit den 1830ern begann in der Stadt ein ausgeprägtes Vereinsleben, das den gemeinschaftsstiftenden Aspekt der Nachbarschaften allmählich ersetzte. Bis zum Zweiten Weltkrieg existierten unter anderem der Arbeiterbildungsverein, der Bürger- und Gewerbeverein, der Evangelische Frauenverein, der Freiwillige Feuerwehrverein, der Siebenbürgische Karpatenverein, der Siebenbürgisch-sächsische Landwirtschaftsverein, der Lese- und Geselligkeitsverein, Musikverein, Bürgerlicher Scharfschützenverein, Verschönerungsverein. 

Ein großgefeierter Brauch, das Schulfest, durfte nach 1945 nicht mehr stattfinden, wurde als Maifest 1994 vom Demokratischen Forum der Deutschen in Hermannstadt aber wieder aufgenommen. Das Deutsche Forum hat als eines seiner Ziele, die sächsischen Traditionen am Leben zu erhalten. Es unterstützt in Hermannstadt u.a. die Organisation eines Marienballs (Anfang Februar), eines Katharinenballs (Ende November), dem Maifest und dem Heimattreffen der Hermannstädter Sachsen, der "Begegnung auf dem Huetplatz".

Ortsschild Sibiu/ Hermannstadt 2001 (Foto: Siebenbuerger.de)

Nach Informationen aus: Hermann + Alida Fabini: Hermannstadt - Porträt einer Stadt in Siebenbürgen (Sibiu 2000); www.siebenbuerger.de; www.sibiu2007.ro; Wikipedia, Evangelische Kirche Hermannstadt A.B. 

(Stand November 2010, J. Jürgens)