Die Heimattreffen könnte man als eine neue Tradition bezeichnen, die nach 1990 aufkam. Seit den 50er Jahren haben die nach Deutschland und Österreich ausgewanderten Sachsen Nachbarschaften gegründet, die überregional funktionierten und sich als Ergänzung der heimischen Nachbarschaften verstanden. Diese neuen Nachbarschaften haben bis 1989 mit Spenden und Hilfslieferungen ihre Heimatorte unterstützt. Später nannten sich diese Nachbarschaften in Heimatsortsgemeinschaften (HOG) um. Nicht alle, aber sehr viele Ausgewanderte je eines Ortes haben sich in Deutschland zu einer HOG organisiert, die wiederum Regional- und Landesverbänden angehören.
Die HOGs einer Gemeinde veranstalten in Deutschland ein reges soziales Leben, das neben den Blaskapellen und Tanzgruppen auch viele Bräuche aus Siebenbürgen dort weiterführt. Es gibt u.a. Tanzbälle, Kronenfeste und Weihnachtsgottesdienste mit Christleuchter. Es wäre ein eigenes Projekt, bzw. eine eigene Datenbank, die in Deutschland von den Sachsen weitergeführten Bräuche zu sammeln.
Da hier nur die in Siebenbürgen noch beheimateten Bräuche Gegenstand sind, sei hier nur auf die Heimattreffen eingegangen. Seit sich 1949 in Deutschland die "Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen" gründete, fanden in Deutschland erste überregionale Heimattreffen statt, in Dinkelsbühl, wo bis heute an Pfingsten rund 18.000 Menschen zusammenkommen. Anfang der 50er Jahre begannen dann, auch einzelne Gemeinden Heimattreffen in Deutschland zu veranstalten, zum Beispiel die Ausgewanderten der Gemeinden Heldsdorf, Zeiden und Neustadt.
Seit 1990 können diese Heimattreffen nun wirklich in der Heimat stattfinden und einige Ausgewanderte haben aus diesen Treffen in Siebenbürgen eine Regelmäßigkeit und damit Tradition werden lassen: In Kleinschelken, in Kerz, in Reußen, in Deutsch-Weißkirch, in Brenndorf oder Hermannstadt finden jährlich oder zweijährlich große Heimattreffen oder "Begegnungen" zwischen den ausgewanderten und den hiesigen Sachsen statt.
Heimattreffen in Reußen 2010 (Foto: J. Jürgens)
Üblich sind die Treffen im August, weil hier die meisten der Ausgewanderten, die pejorativ „Sommersachsen“ genannt werden, für einige Wochen in der alten Heimat sind. Zu einem Heimattreffen findet immer ein gemeinsamer Gottesdienst statt, danach eine Feier, die in Größe und Art sehr unterschiedlich sein kann. Es gibt riesige Festzelte mit Live-Musik wie in Kleinschelken, wo bis zu 600 Menschen zusammenkommen, und es gibt kleinere Treffen, wo man im Pfarrhaus zu einem Essen sitzt wie zum Beispiel in Neudorf bei Schäßburg. Diese Treffen haben den Sinn, die Verbindung zwischen den Ausgewanderten und den „Hiergebliebenen“ nicht abreißen zu lassen, insbesondere für die jüngere Generation, die schon in Deutschland aufgewachsen ist. Die Treffen haben auch einen versöhnenden Aspekt, in Neudorf bei Schäßburg zum Beispiel wurde als Heimattreffen ein "Sonntag der Begegnung" eingeführt, um eine Möglichkeit für Erklärungen und Aussprachen zu geben, die in der großen Hast der Ausreise, in der viele nach 1989 ihre Heimat verließen, nicht möglich war.
Oft werden die Heimattreffen auch für gemeinsame Arbeiten am Kircheneigentum (Kirche, Pfarrhaus, Schule) genutzt. Das, was früher innerhalb der Nachbarschaft regelmäßig gearbeitet wurde, wird jetzt geballt in den Sommerwochen angegangen. Wiederkehrende Arbeitseinsätze gibt es zum Beispiel von Ausgewanderten in Reußen oder in Arkeden.
(Stand Oktober 2010, J. Jürgens)