Weilau

WEILAU/ UILA 

liegt 22 km nördlich von Sächsisch-Regen im sogenannten Reener Ländchen in Nordsiebenbürgen. Deutsche Siedler lebten seit Beginn des 13. Jahrhunderts hier, hauptsächlich von der Landwirtschaft und vom Weinbau. Wie in ganz Nordsiebenbürgen, das von 1940 - 1944 zu Ungarn gehörte, gab es in Weilau ab 1944 eine Sonderentwicklung: Am 11. September gab die deutsche Wehrmacht den Evakuierungsbefehl. Die zu diesem Zeitpunkt etwa 640 Weilauer Sachsen begannen einen Tag später die Flucht, die sie nach Österreich führte. Dort wurden viele ansässig. Etwa 270 von ihnen wurden von den Russen zurückgeschickt und mussten auf ihre Höfe zurückkehren, die mittlerweile von Ungarn oder Rumänen bewohnt waren. In den 70er Jahren wanderten bereits viele aus, noch mehr nach 1989. Zurückgeblieben sind heute in Weilau nur mehr zwei Sachsen.

Dennoch gehört Weilau zu den größten evangelischen Dorfgemeinden Siebenbürgens und das durch eine einmalige Besonderheit: Die etwa 140 Gemeindemitglieder sind, mit wenigen Ausnahmen, Roma oder Zigeuner, wie sie sich selbst nennen. Das Phänomen der "sächsischen Zigeuner von Weilau" ist als Gegenstand ethnologischer Forschungen und Presse-Reportagen über Siebenbürgen hinaus bekannt geworden. Immer wieder kommen neugierige Besucher, die ergründen wollen, wieso hier sich hier ausgerechnet Zigeuner um die deutsche Tradition bemühen. 

Die Gesichte der sächsischen Zigeuner von Weilau

Die Zigeuner sind heute die, die am längsten in Weilau leben. Ihre Geschichte beginnt in den Archiven ab 1810, ab dann tauchen laut dem frühreren Weilauer Pfarrer Wolfgang Rehner ihre typisch ungarischen Namen (Barna, Lengyel, Farkas) in kirchlichen Dokumenten auf. Vielleicht waren sie schon vorher in Weilau, wahrscheinlich kamen sie aus ungarischen Orten - woher genau, das wissen die Zigeuner selber nicht. Auch nicht, wann sie den evangelischen Glauben angenommen haben. Bis die erste orthodoxe Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg in Weilau gebaut wurde, waren sie jedenfalls alle evangelisch. Von Anfang an waren sie eng an die sächsischen Höfe angeschlossen, als Knechte. Jede Familie hatte ihren sogenannten "Hauszigeuner", der mit Lebensmitteln und Kleidung versorgt wurde und dafür Arbeit verrichtete. 

Mit dem Glauben haben die Zigeuner auch die Traditionen der Sachsen übernommen. Sie ließen sich taufen, konfirmieren und trauen, sie waren beim heute nicht mehr stattfindenden Wettreiten an Pfingsten und beim Hahnenschießen an Ostern dabei. Die Weilauer Zigeuner nennen sich selbst "sächsische Zigeuner" und sind stolz auf diesen Status. Sie bestehen darauf, anders zu sein als Roma anderswo im Land. Sie benutzen nicht das Wort Werte, aber davon reden sie, wenn sie "sächsisch" sagen: Von Ehrlichkeit, Tüchtigkeit, Fleiß. Die Zigeuner von Weilau pflegen heute das sächsische Erbe - kümmern sich um Kirche und Friedhof, bestehen darauf, dass die deutsche Sprache im Gottesdienst präsent bleibt (die Lieder werden immer noch auf deutsch gesungen, auch wenn nicht mehr alle der Gemeinde deutsch sprechen. Viele der Älteren jedoch können aber sowohl Sächsisch als auch deutsch). Und das, obwohl die Wertschätzung von der anderen Seite nicht übermächtig groß war.

Bis 1989 waren die Zigeuner in der evangelischen Gemeinde nur "geduldete" Glieder, sie mussten keine Kirchensteuer zahlen, durften aber auch nicht wählen. Seit 1990 hat sich das Gesetz geändert, und erst seitdem gibt es einen Kurator aus den Reihen der Roma. Trotzdem standen die Weilauer Zigeuner treu zu den Sachsen und der Kirche. Als die Sachsen 1944 flüchteten, ließen sie die Schlüssel ihrer Höfe bei den Zigeunern. Die wachten über Vieh und Besitz und schlugen etliche rumänische Plünderer aus den Nachbarorten zurück. Als nach dem Zweiten Weltkrieg die Kirche von Weilau orthodox werden sollte, gab, so erzählt der gewesene Kurator Bela Farkas, sein Vater den Kirchenschlüssel nicht heraus. Mit dem Credo "Wir stehen zu unserer Kirche" widerstanden die Weilauer den Plänen der kommunistischen Machthaber und die Kirche blieb evangelisch.

Die einst florierenden Weinberge und Obsthaine in Weilau liegen heute brach. Ein Großteil der Männer aus Weilau arbeitet den Sommer über als Spargelstecher in Deutschland. Sie seien dort beliebt und bekommen seit Jahren beim gleichen Betrieb Arbeit, erzählt Pfarrer Rehner. Es gibt außer dem "Puer-Natus"-Choral an Weihnachten und dem "Bespritzen am Ostermontag" strenggenommen keine Bräuche, die sich hier eintragen ließen. Dennoch gibt es Spuren, nicht nur materielle (die Kirche), die die Sachsen in der Mentalität der Menschen von Weilau hinterlassen haben.

(Stand Juni 2010, J. Jürgens)