Das Kronenfest hat eine uralte Tradition in Siebenbürgen. Schon 1764 erwähnt Martin Felmer, Stadtpfarrer von Hermannstadt, diesen„Gebrauch“, der am Johannistag (24. Juni) oder zu Peter und Paul (29. Juni) in sächsischen Ortschaften zwischen Alt und Kokel gefeiert wurde. Die Wurzeln des Festes um die blumengeschmückte „Krone“, welche eigentlich ein Wagenrad ist, liegen wahrscheinlich in vorchristlichen Sonnenwendfeiern. Als Erntebittfest blieb es in einigen Dörfern im „Alten Land“ bis in die frühen 1990er Jahre erhalten. Dann verschwand das Fest, die Tradition schien Vergangenheit zu sein. Seit Beginn des neuen Jahrtausends ist sie jedoch hier und da zu neuem Leben erwacht und gehört seitdem in einigen Gemeinden wieder fest zum Jahresverlauf. Im Jahr 2010 wurden in folgenden Gemeinden noch Kronenfeste gefeiert: Kerz, Malmkrog, Neppendorf, Scholten, Batiz.
Die Grundbausteine des Kronenfeste s sind überall noch in ähnlicher Form vorhanden. Ein gehobelter Stamm, zwischen acht und zwanzig Meter hoch wird aufgestellt und mit einervon den Frauen der Gemeinde gebundenen Blumenkrone geschmückt, welche in allen Orten in Form und Blumenart verschieden ist (in Kerz war und ist die typische Blume die Johannisblume, in Scholten die Lilie, in Malmkrog sind es verschiedene Wiesenblumen). Ein mutigerJugendlicher aus der Gemeinde klettert unter den Augen der Zuschauer, die sich um die Krone versammeln, hinauf, und hält oben in der Krone eine Predigt. Früher war dies ein „Vivat“ auf den Pfarrer, den Kurator und das Presbyterium, heute sind die Reden freier und oft einfach eine Begrüßung der Gäste, die heute zu einem großen Teil von außerhalb kommen. In den Kronen ist auch heute noch ein Körbchen mit einer Flasche Wein und Bonbons versteckt. Die Bonbons wirft der Kletterer den Kindern nach unten, die sich wild darauf stürzen, den Wein teilt er, wieder unten angekommen, mit seinen Freunden und anwesenden kirchlichen oder staatlichen Autoritäten.
Diese Grundelemente sind dem Kronenfest geblieben, die Ausrichtung des Festes hat sich aber geändert: Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor das Kronenfest allmählich seinen Charakter als Erntefest. Das hatte mit der historischen und wirtschaftlichen Entwicklung zu tun. Durch die Enteignung 1948 verloren die Sachsen ihren Boden und viele waren gezwungen, in die Städte zu pendeln, wo durch einen neuen Industrialisierungsschub etliche Fabriken entstanden. So verlor insbesondere die Jugend den Kontakt zum bäuerlichen Lebensalltag und die Brauchs-Handlungen des Kronenfestes wurden mehr und mehr zu repräsentativen Gesten. Zum Beispiel das Verstecken der geschmückten Krone im Feld, wie es in Seiburg üblich war. Viele der Männer, die die Krone traditionell bis 1992 auf Pferden suchten, arbeiteten gar nicht mehr in der Landwirtschaft, wichtig war aber der Umzug der geschmückten Pferde und der Reiter in Tracht. Auch durch die Pressalien des Kommunismus verwandelte sich das Kronenfest in ein Fest, in dem die Festigung der sächsischen Identität und ihre Repräsentation nach außen im Vordergrund stand.
Das ist auch heute noch so. Dazu ist das Kronenfest ein übergemeindliches Fest geworden, zu dem Besucher aus anderen Gemeinden und sogar aus dem Ausland anreisen. Es ist ein Volksfest, das sich auf das Publikum, das es anzieht, einrichten muss. Mit Würstchenbuden, Getränkeständen (wie in Malmkrog) und einem Programm wie Auftritte von Tanzgruppen, Chören und Blasmusikern, die oft nicht mehr aus dem Ort stammen, in dem das Fest stattfindet. Das ist für das Bestehen der Tradition heute in Kauf zu nehmen. Und zeigt auch, dass ein Brauch, der früher eine gelebte Selbstverständlichkeit war, heute zu einer Attraktion geworden ist.
Bis 1989 war das Kronenfest ein Fest der Jugend, es wurde von den konfirmierten und noch unverheirateten jungen Frauen und Männern organisiert (ursprünglich von den Bruder- und Schwesterschaften, die es jedoch seit Beginn der 1950er Jahre schon nicht mehr gibt). Die Jugend tanzte früher um die Krone, und wurde dabei von den Älteren bewundert und auf die Paarbildung hin geprüft, denn das Kronenfest war auch ein wenig Heiratsmarkt. Auch das musste sich ändern und an die Gegebenheiten anpassen. Jugend gibt es auf den Dörfern wenig. Dafür ist das Engagement derjenigen zu bewundern, die sich heute für das Zustandekommen der Kronenfeste einsetzen. Es sind oft nur eine bis zwei Handvoll Menschen, die sich um alles kümmern: Die die Krone binden, den Stamm aufstellen, Essen und Festzelt organisieren. Oft stehen im Zentrum der Aktivitäten die Pfarrer und auch Lehrer und Erzieher, die zum Bewahren des Brauches anregen.
(Stand Juli 2010, J. Jürgens)