Malmkrog ist der einzige Ort in Siebenbürgen, in dem sich das Tragen der Palmzweige und das Afstechen, das Aufstecken, erhalten hat. Es findet folgendermaßen statt: Jungen, im Alter von drei bis zwölf oder 13 Jahren, bringen am Palmsamstag gleichaltrigen Mädchen im Dorf einen „Palmzweig“ (in Malmkrog war dies immer ein Mistel- oder Tannenzweig, der mit bunten Bändern geschmückt wurde). Die Mädchen warten an diesem Tag erwartungsvoll vor ihren Häusern und zählen mit, wieviele Zweige sie bekommen. (Ein gewisser Konkurrenzdruck unter den Mädchen, welches wieviele Zweige bekam, existierte dabei immer schon.)
Um die zehn Zweige konnten einige Malmkroger Mädchen im Jahr 2010 erbeuten – etwa so viele Jungen sind heute zu diesem Brauch noch unterwegs. Früher liefen die älteren Jungen in großen Gruppen gemeinsam durch die Straßen, die Jüngeren wurden von ihren Vätern begleitet. Heute sind die Strecken zwischen den Häusern, in denen deutschsprachige Kinder wohnen (denn überwiegend diese pflegen den Brauch) so lang, so dass einige gefahren werden. Im Jahr 2010 sind die Jungen auf alle möglichen Arten unterwegs: Manche bringen ihre Zweige zu Fuß mit dem Handwagen, andere werden mit dem Auto, andere mit dem Pferdewagen durch den Ort gefahren. Überall stehen die Leute auf der Straße und beobachteten, welcher Junge welchem Mädchen einen Zweig schenkt. (Siehe auch Film "Palmzweige-Tragen").
Junge beim Palmzweige-Austragen in Malmkrog, 2010 (Foto: J. Jürgens)
Am Abend werden alle geschmückten Zweige nach alter Tradition von außen an die Hoftore genagelt. Dort bleiben sie einige Wochen hängen und geben ein sehr schönes Bild ab. Der Brauch ist auf diese Weise lebendig geblieben: Das ganze Dorf nimmt Anteil daran. Weil die Freude der Kinder daran sichtbar weiterlebt. Weil Familien über diesen Brauch miteinander in Kontakt kommen, sich gegenseitig besuchen. Es gibt keine Zuschauer, die nach Malmkrog zum „Afstechen“ kommen würden. Der Brauch wird in aller Stille vollzogen. Er wird hauptsächlich von den Familien gepflegt, in der ein Teil, entweder der Vater oder die Mutter sächsischer Abstammung ist und den Bezug zur deutschen Sprache und Kultur hält. Alle Jungen, die mit Palmzweigen in diesem Jahr unterwegs waren, gingen auf eine deutsche Schule (entweder auf die Grundschule, die es in Malmkrog noch gibt, Klassen 1-4, oder in Schäßburg).
Der Brauch hat eine Fortsetzung, die am Ostermontag stattfindet: An diesem Tag bringen alle Mädchen den Jungen, die sie mit Palmzweigen bedacht haben, gefärbte Eier und Süßigkeiten.
Seit wann genau es diesen Brauch gibt, ist nicht klar zu sagen. Ähnliche Traditionen mit Palmzweigen, die sich in Deutschland erhalten haben, stammen noch aus dem Mittelalter. Auch die Bedeutung der Palmzweige ist nicht eindeutig festlegbar: Das Aufstecken oder auf sächsisch Afstechen der Palmzweige an den Hoftoren könnte auf einen heidnischen Osterbrauch zurückgehen, nach dem die Zweige die Bewohner vor Unheil schützen sollten. Ebenso können die Palmzweige als Symbol der Fruchtbarkeit gedeutet werden.
Das Aufstecken der Palmzweige an die Hoftore war in Siebenbürgen auch in anderen Orten, zum Beispiel in Pretai/ Brateiu bekannt (wo er aber nach 1989 verlorenging). Dort stellten junge Männer den Mädchen Mistelzweige in die Fenster, die Mädchen schenkten ihnen dafür Blumensträuße, Päschken auf sächsisch, die sich die Männer an die Hüte hefteten.
In Süddeutschland gibt es vereinzelt heute noch den Brauch, dass Kinder am Palmsonntag geschmückte Zweige zur Palmweihe bringen und anschließend an ihre Paten und enge Freunde der Familie verteilen. Das hat einen klaren Bezug zum Evangelium und geschieht im Gedenken an den festlichen Einzug Jesu in Jerusalem, dem das Volk zum Zeichen seines Königtums mit Palmzweigen zujubelte (Joh. 12,13–15). Palmen werden vielerorts als heilige Bäume verehrt, gelten im Mittelmeerraum von alters her als Sinnbild des Lebens. Auch das könnten die Palmzweige in Malmkrog symbolisieren.
(Stand April 2010, J. Jürgens)