Im Mai fanden in vielen sächsischen Dörfern und Städten Waldfeste statt. Sie wurden als Mai- oder Schulfest oder als Grigorifest gefeiert. Traditionell fuhr man mit Körben voller Essen in den Wald oder auf einen Berg, die Kinder und Jugendlichen marschierten von der Schule mit Fahnen dorthin, es wurden Sportspiele (Sackhüpfen, Eierlaufen und anderes) veranstaltet, die Blaskapelle spielte und man tanzte bis in den Abend. Meist gab es im Freien extra für diese Gelegenheit hergerichtete Tanzplätze (wie in Zeiden, Sächsisch-Reen, Keisd, Hermannstadt, Kronstadt, Schäßburg und anderen Orten). Das Waldfest fand oft am zweiten oder dritten Pfingsttag statt.
Während des Zweiten Weltkriegs und bis 1950 wurden diese Feste verboten und verloren sich danach in vielen Ortschaften, wie in Agnetheln, Schäßburg oder Sächsisch-Reen. Dort, wo sie erhalten blieben, waren die Sachsen von den rumänischen Behörden aufgefordert, auch die rumänische Bevölkerung in den Brauch miteinzubeziehen. In Keisd zum Beispiel aber nahmen die Rumänen das Fest zwar auf, feierten es aber getrennt an einem anderen Platz im Wald. Dies blieb so bis 1992, als dieTradition bei den Sachsen aufhörte, weil die Kinder fehlten. Seit diesem Jahr feiern auch die Rumänen das Grigorifest in Keisd nicht mehr, obwohl es noch genug Kinder im Ort gäbe.
In Sächsisch-Reen wird seit 1993 wieder ein Maifest gefeiert, nach über 50-jähriger Pause. Mai- und Schulfest und auch der Muttertag werden heute gemeinsam Anfang Mai gehalten. Wie es üblich war, ziehen die Schüler in Gruppen von der Kirche in den nahgelegenen Ziegenwald, angeführt von der heute städtischen Blaskapelle. Statt Sportspielen gibt es heute im Wald ein buntes Programm, in dem die Schüler der deutschen Schulabteilung und der deutschen Kindergärten Lieder und Tänze vorführen. Sächsische, rumänische, ungarische und Roma-Tanzgruppen aus Reen und Umgebung sind ebenfalls Teil des Maifestes, das vom Deutschen Forum Sächsisch-Reen mit Unterstützung der Stadt veranstaltet wird.
Sammlung der Schüler zum Marsch in den Ziegenwald: Maifest in Sächsisch-Reen 2010 (Foto: J. Jürgens)
Schulfeste wurden in Siebenbürgen an deutschen Schulen ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer wichtigen Tradition.
In Kronstadt sind Schulfeste schon im 18. Jahrhundert bekannt gewesen. 1845 wurde dort das Schulfest, zum 300-jährigen Jubiläum der Schulgründung von Johannes Honterus, in Honterusfest umbenannt und seitdem als solches gefeiert. Obwohl nur als eine Art Sportfest der Schule gedacht, entwickelte es sich bis zu seinem Verbot Anfang des Zweiten Weltkrieges zu einem Volksfest für die sächsische Bevölkerung Kronstadts. Im Jahr 1992 wurde das Fest wiederaufgenommen und wird seitdem jährlich zum Ende des Schuljahres (Mitte Juni) gefeiert, zwar an einem anderen Ort und in veränderter Form, aber es ist immer noch das Fest des Honterus-Lyzeums, das mit Unterstützung des Deutschen Forums in Kronstadt organisiert wird.
In Hermanntadt ist das Schulfest in abgewandelter Form in den frühen 1990er Jahren nach über 50-jähriger Pause wieder aufgenommen worden und wird nun jährlich als „Maifest“ gefeiert, das gleichzeitig das Begegnungstreffen der ausgewanderten und der hiergebliebenen Hermannstädter Sachsen ist. Schüler der deutschen Schulen aus Hermannstadt und aus Agnetheln führen am Großen Ring einen Trachten-Umzug vor, anschließend ziehen sie mit Blasmusik und mit den Zuschauern in den Jungen Wald. Dort finden Vorführungen der Tanzgruppen der Schulen statt. In Kronstadt wie in Hermannstadt sind die Schulfeste Feste der sächsischen Gemeinschaft geworden, zu dem viele Gäste der umliegenden Region kommen.
In Schäßburg wurde das Schulfest als „Skopationsfest“ bis 1939 gefeiert. Die festlich gekleideten Schüler der Bergschule zogen in die "Breite", ein nahegelegenes Waldstück, wo Tanzplätze und aus Buchenzweigen gezimmerte Hütten, genannt "Kaa", vorbereitet waren. Wie in Kronstadt war auch das Skopationsfest nicht nur ein Schul- sondern ein Volksfest. Mit von Essen beladenen Ochsengespannen fuhren die Familien aus der Stadt zum Festplatz. Es gab Turn- und Sportspiele und Trommler-Wettkämpfe und einen traditionellen Festakt, zu dem Lehrer und Schüler des Coetus Rede- und Gegenrede hielten. Während des Kommunismus wurde das Fest nicht wiederaufgegriffen, aber in diesem Jahr machte das Deutsche Forum in Schäßburg den Versuch, das Skopationsfest wieder zu beleben.
In Zeiden blieb das Schulfest bis 1989 unter dem Namen „Kronenfest“ erhalten. Im Jahr 2000 wurde es wieder neu aufgenommen. Es wird bis heute gefeiert, in der heutigen Veranstaltungsform, als großes von den Lokalbehörden ausgerichtetes Stadtfest, das von den noch in Zeiden lebenden Sachsen allerdings nicht mehr als „ihre“ Tradition verstanden wird.
(Stand Oktober 2010, J. Jürgens)