Seit 1993 veranstaltet das Deutsche Forum in Sächsisch-Regen wieder das Maifest. Es verbindet die Traditionen des ursprünglichen Maifestes mit dem des Schulfestes. Beide Traditionen gingen in Sächsisch-Regen nach dem Zweiten Weltkrieg verloren. Durch Erzählungen der älteren Generation inspiriert, regte der damalige Forumsvorsitzende Ernst Bachmann 1993 an, im Mai wieder ein Fest zu feiern.
Das Schulfest hatte an deutschen Schulen in ganz Siebenbürgen Tradition und war ein wichtiges Ereignis für die Schüler und die ganze Familie. Festlich gekleidet zogen die Schüler in Sächsisch-Regen bis zum Zweiten Weltkrieg mit Blasmusik durch die Stadt in den nahen Ziegenwald. Jede Klasse hatte ihre eigene Fahne, die immer vom besten Schüler getragen wurde. Im Wald gab es einen Platz, der extra für dieses Fest vorbereitet wurde. Dort wurden allerlei sportliche Spiele gespielt und getanzt. Abends führte die Blaskapelle die Schüler wieder zurück vor die Kirche, wo das Siebenbürgen-Lied gesungen wurde. Das Fest hatte laut Information des Ethnologen Ferenc Pozsony damals einen besonderen Abschluss: Die Kirche wurde von allen einmal umgangen, dann las der Direktor die Namen der besten Schüler vor. Später gab es noch Tanz auf der Promenade, an dem auch die Eltern teilnahmen.
Das Maifest veranstaltete man früher an Pfingsten. Die sächsischen Familien fuhren in den Ziegenwald, dort gab es Picknick und Tanzunterhaltung. Jeder brachte sein eigenes Essen in einem Korb mit. Wie Robert Zajzon, heute Vorsitzender des Deutschen Forums in Sächsisch-Regen erzählt, aß man nie aus dem eigenen Korb, nur aus dem seiner Nachbarn. Es war ein fröhliches Fest der Gemeinschaft, mit dem auch der Einzug des Frühlings gefeiert wurde.
Heute ist das Maifest nicht mehr nur ein Fest der Schule oder der Gemeinde von Sächsisch-Regen. Es ist das größte sächsische Fest der Region, zu dem Sachsen aus Deutsch-Zepling/ Dedrad, Botsch/ Batoș oder Weilau/ Uila anreisen. Für das Programm im Ziegenwald werden etliche Tanzgruppen aus Sächsisch-Regen und der Umgebung (Botsch, Neumarkt/ Târgu Mureș) eingeladen. Im Unterschied zu allen anderen sächsischen Festen, die ich gesehen habe, sind hier auch rumänische, ungarische und Roma-Tanzgruppen dabei, die ein Panorama der ethnischen und kulturellen Vielfalt Siebenbürgens abgeben. So erscheint das Fest heute, auch wenn es sächsische Wurzeln hat und vom Deutschen Forum veranstaltet wird, als ein multiethnisches Stadtfest.
Das Maifest heute beginnt mit einem Gottesdienst. Da auch der Muttertag beim Maifest mitgefeiert wird, tragen im Gottesdienst Kinder der deutschen Abteilung der Augustin-Maior-Schule aus Sächsisch-Regen Verse und Lieder zu Ehren der Mütter vor. Danach sammeln sich vor der Kirche die Schüler und eingeladenen Tanzgruppen in Zweier- und Dreierreihen. Wie früher tragen die Schulklassen Fahnen, heute die Flaggen von Siebenbürgen, Rumänien, Österreich und Deutschland.
Die Blaskapelle vorneweg, marschieren die Schüler (Klassen 1 - 8 der deutschen Abteilung) und alle Anwesenden in den Ziegenwald. Am Straßenrand und an den Fenstern verfolgen etliche Zuschauer den Marsch und die bunte Aufreihung sächsischer, rumänischer, ungarischer und Roma-Trachten. Angekommen im Ziegenwald gibt es ein Programm aus Vorführungen der Schüler und Tanzgruppen und ein herzhaftes Essen im Freien. (Das man heute nicht mehr selbst mitbringt, sondern kaufen kann.) Außerhalb der vorgeführten Tänze gibt es heute keinen Tanz mehr - die Anwesenden begreifen sich heute scheinbar mehr als Zuschauer denn als Teilnehmer.
(Stand Mai 2010, J. Jürgens)