Weihnachten

Ein Weihnachtsbaum steht heute in jeder Kirche, in der noch Gottesdienst gefeiert wird, und auch im privaten Heim. Nach Siebenbürgen kam der Weihnachtsbaum erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (in Deutschland war der Brauch im 17. Jahrhundert schon allgemein verbreitet), 1827 wurde der erste Baum in Hermannstadt aufgestellt (laut F. Pozsony "Festbräuche der Siebenbürger Sachsen", 1999). Nach und nach, aber spätestens zur Jahrhundertwende, verdrängte der Weihnachtsbaum den Christleuchter, seinen Vorgänger, ein pyramidenartiges Holzgestell, das mit Wintergrün, bunten Papierfahnen und Kerzen geschmückt war und wie der Weihnachtsbaum in jedem Jahr aufwändig neu geschmückt wurde. 

Die Christleucher (Lichtert), meist waren es pro Gemeinde zwischen vier und sechs, wurden am vierten Adventssonntag von den Kindern geschmückt. Die Leuchter wurden in der Kirche aufgestellt, in den Ecken, oder als Kreuzform am Altar, an der Orgel und auf den Seitenemporen. In der Frühkirche an Weihnachten morgens um 5 oder 6 Uhr wurden die Leuchter angezündet und waren die einzige Lichtquelle. In dieser feierlichen Atmosphäre sangen, vor den Leuchtern aufgestellt, die Mädchen- und Knabenchöre lateinisch-deutsche Wechselgesänge, das Puer natus ("Ein Kind gebor'n zu Bethlehem") oder Quem pastores laudavere. Dieser Brauch geht vermutlich auf die Zeit vor der Reformation zurück, darauf verweist der lateinische Liedertext (laut O. Scola/ R. Acker-Sutter "Dorfleben der Siebenbürger Sachsen", 1991). Im Jahr 1988 war der Christleuchter in Siebenbürgen laut einer kirchenamtlich durchgeführten Umfrage noch in 40 Gemeinden üblich. Heute gibt es Christleuchter noch (oder wieder) in Michelsberg, in Neppendorf, in Keisd und in Petersdorf bei Mühlbach.

Zu Heiligabend war es Tradition, den Abend um 23 oder 24 Uhr mit Glockengeläut und einem Spiel der Blaskapelle vom Kirchturm zu beenden. Es wurde dabei auch gesungen. In Michelsberg hat sich das Turmsingen am 24.12. erhalten.

Erhalten hat sich in vielen Gemeinden auch die Weihnachtsbescherung in der Kirche: An alle Kinder und an Senioren über 70 Jahren werden an Heiligabend Päckchen verteilt. Diese Päckchen werden von Frauen aus der Gemeinde gepackt, früher waren dafür die örtlichen Frauenvereine zuständig. Heute noch sammeln sich vor Weihnachten Frauen zum gemeinsamen Backen im Pfarrhaus; für die Päckchen backen sie Lebkuchen und anderes Gebäck. Ab den 1960er Jahren wurde es Tradition, die Päckchen durch Inhalte von Hilfssendungen zu bereichern, die aus Deutschland oder Österreich kamen: Lebensmittel, Kleider und Spielsachen für die Kinder. Auch heute noch schicken Partnergemeinden oder die Heimatortsgemeinschaften zu Weihnachten Geschenke für die Kinder und Senioren.

(Stand November 2010, Julia Jürgens)