In Probstdorf gibt es noch eine sächsische Blaskapelle, die die einzige verbliebene im Harbachtal ist und wohl zu den letzten in Siebenbürgen überhaupt gehört. Einige ihrer Mitglieder sind seit über 50 Jahre mit dabei. Die Blaskapelle spielte sie im sozialen Leben der Gemeinde immer eine bedeutende Rolle, und so ist es bis heute, auch wenn die Gemeinde nur noch knapp über 20 Seelen zählt. Früher traten die Adjuvanten bei allen Festtagen und Bällen im Dorf auf, zu Hochzeiten und Beerdigungen. Heute ist ihr Einzugsgebiet das ganze Harbachtal oder auch darüber hinaus: Bei Festen vom Kronenfest in Kerz über das Maiblasen am 1. Mai in Roseln bis zum Erntedankfest in Pretai spielen sie überall dort, wo es keine Blaskapellen mehr gibt. Auch zu zahlreichen Beerdigungen (Hochzeiten gibt es kaum noch) werden die Probstdorfer in die Gemeinden des Umkreises gerufen, und wenn sie nur irgend können, kommen sie auch. Sie spielen also heute nicht nur mehr in Probstdorf, sondern auch übergemeindlich eine wichtige Rolle.
Einige der Probstorfer Adjuvanten sind heute um die 80 Jahre alt. Beim Spielen wirken sie viel jünger, man sieht ihnen an, mit wieviel Freude sie die Märsche und Polkas ihrer eigenen Jugend wieder und wieder aufspielen. Dennoch fällt einigen schon das Laufen schwer, und der kräftige Atem, den man für den "Ansatz" braucht, macht immer mehr Mühe. Ans Aufhören ist aber nicht zu denken, denn der Nachwuchs fehlt. Ein neues und zugleich ungewöhnliches Mitglied kam in den letzen Jahren dennoch hinzu: Dr. Barbara Schöfnagel, Sozialattache der Österreichischen Botschaft, verbringt als Initiatorin zahlreicher sozialer Projekte viel Zeit in Probstdorf und spielt seit einiger Zeit das Doppelte Flügelhorn. Dieses Instrument fehlte in der Kapelle, und so lernte Frau Schöfnagel, es zu spielen. Es war für den traditionell rein männlichen Verein bestimmt nicht einfach, diese Neuerung auf Anhieb zu akzeptieren, ebenso wie die Teilnahme von Frau Dr. Schöfnagel beim Richttag, welcher auch früher nur den Männern vorbehalten war. Aber mittlerweile ist die Blaskapelle "eingespielt" und Barbara Schöfnagel integriert. Die Blasmusik kann in Probstdorf immer noch als ein Bindeglied der Gemeinschaft bezeichnet werden. Im Sommer ist es üblich, dass die Adjuvanten nach dem Gottesdienst jeden Sonntag zusammensitzen und musizieren, für sich oder für die Gemeinde.
Probstdorfer Blaskapelle am 1. Mai in Roseln (Foto: J. Jürgens)
(Juni 2010, J. Jürgens)