Ein wichtiges Ereignis im Dorfleben für die Kinder waren bis zur Auswanderung die Namenstage und deren Feier. In jedem sächsischen Haushalt hing ein evangelischer Wandkalender, in dem die Namenstage eingetragen waren. Die Namenstage waren viel bekannter als die Geburtstage, die nur die nächsten Verwandten wussten.
Die Kinder gingen am Vorabend des Namenstages zu ihre Freunden, um zu gratulieren. Dabei brachten sie immer einen Blumenstrauß aus Gartenblumen mit. In der kalten Jahreszeit, wenn die Gärten und Wiesen leer waren, mussten künstliche Blumen herhalten. Manchmal entstanden die schönsten Blumen aus Künstlerhand, der Phantasie und Kreativität waren keine Grenzen gesetzt. Aus Krepp-Papier wurden die bunten Blumen gestaltet, die zuweilen verblüffend echt aussahen, vor allem die Rosen und die Nelken. Diese band man auf Tannenzweige, die man, manchmal mit Hilfe einer Mutter, zu einem Strauss formte. Mit diesem Kunstwerk ging man dann zum „Namenstagskind“. Nach den Glückwünschen gab es Kuchen und Sirup mit Wasser (Sifon) zutrinken.
Von der Nachtglocke ermahnt, gingen die wohlbehüteten Dorfskinder abends zeitig heim. Am nächsten Morgen hing dann der Blumenstrauß an der Hauswand unter dem Fenster, so dass jeder Mensch, der am Haus vorbeiging, sehen konnte, dass einer der Bewohner Namenstag hatte. Die üblichsten Namenstage, wie Maria, Anna, Sofia, Katharina, Michael, Johann, Georg, Andreas waren allen bekannt; aber es gab auch seltenere Namen, bei denen man raten musste.
Dieser Brauch wurde auch von den Jugendlichen ausgeführt. Dem Gefeierten wurden vor dem Haus dann drei Lieder gesungen, meistens „Wahre Freundschaft“, „Rote Rosen blühn im Garten“ und eines in sächsischer Mundart: Im Frühling „Doi derhäim bloin de Volcher“(Dort daheim blühn die Veilchen) oder „De Käirschen bloin änasem Guerten“ (Die Kirschen blühn in unserem Garten) und im Herbst „De Astern bloin äinsem äm Guerten“ (Die Astern blühn einsam im Garten). Die Feier verlief ausgiebiger als bei den Kindern und dauerte bis zum Morgen.
Der Brauch der Namenstagsfeier besteht in Probstdorf bis heute, er wird von den Älteren, vor allem von den Adjuvanten (den Blaskapellenmitgliedern)gepflegt. Und am Vorabend bekannter Namenstage klingelt auch unter den in Deutschland lebenden Probstdorfern das Telefon, um „Alles Gute zum Namenstag“zu wünschen.
(Stand November 2010, aufgezeichnet von Hilde Geisel aus Markdorf, geboren in Probstdorf 1963)