Die Fastnacht in Kerz war früher ein Fest der sächsischen Jugendlichen. Mit der Auswanderung ging es in den frühen 90er Jahren verloren. Seit einigen Jahren haben Rumänen Elemente des Brauches wieder aufgenommen und feiern ihn heute als "Sărbătoarea Burduhoșilor". (Vielleicht wurden sie dabei inspiriert vom Urzelnlauf in Agnetheln, der seit seinem Wiederaufleben 2006 ein großes Stadtfest geworden ist, siehe "Urzelnlauf") Nach der alten sächsischen Tradition gab es vor Aschermittwoch in Kerz einen Umzug durch den Ort, der ein festes Figuren-Repertoire hatte: Nur die männliche Jugend durfte diese Figuren darstellen, die sogenannte Bulandra und Burdehueße, die Turke, die Spießknechte, die Bären und zwei fliegende Händler, welche Hasenfelle und einen lebendigen Hasen anboten.
Die Bulandra waren als Frauen verkleidete Jungen, die vor dem Umzug mit Körben durch den Ort gingen und Lebensmittel für das Herrichten der Speisen einsammelten (Eier, Schmalz, Zwiebeln). Die Spießknechte gingen mit langen Spießen durch die Straßen und bekamen von den Familien Speck aufgespießt. Die Burdehueße kam erst beim Umzug selbst hinzu, wo sie mit langen Birkenzweigen (später mit Peitschen) unartige Kinder "züchtigte" und im Gesicht mit Ruß beschmierte (Das Kostüm der Burdehueße ähnelte tatsächlich dem Urzeln-Kostüm, nur dass es nicht aus schwarzen, sondern aus bunten Papierstreifen bestand). Dann gab es noch die Turke, die eine Art Gespenst mit einem Pferdekopf war. Am Ende des Fastnachtsumzuges fuhr ein Pferdewagen, auf dem an einem provisorischen Ofen Pfannkuchen gebacken und an die Zuschauer verschenkt wurden. Abends gab es Tanzunterhaltung. Drei Tage nach Faschingsende wurde eine Strohpuppe verbrannt: Damit war der Fasching, wie es hieß, begraben.
Die Fastnacht, die die Rumänen heute am 8. Januar feiern, hat einige Elemente dieser Tradition übernommen, andere sind hinzugekommen. Von den Figuren gibt es nur noch die Bären (urși) und die Burdehueßen, auf rumänisch burduhoși, die dem Fest auch den heutigen Namen geben. Die burduhoși tragen wie damals ihre bunten Fetzenkleider und lautknallende Peitschen. Wie früher beschmieren sie die Gesichter derer, die sie erwischen, mit Ruß (bzw. einer Creme aus Butter und Ruß). Das soll Glück bringen und das ganze Jahr vor Krankheiten schützen. Der Bär symbolisiert heute, so ist es in einer Ankündigung des Festes 2010 zu lesen, Reinheit (im religiösen Sinne). In Gruppen laufen die Bären und burduhoși durch die von Zuschauern gesäumten Straßen. Abends ziehen die "Bären" ihre Kostüme aus und verbrennen sie und damit, so will es die Deutung, die Sünden aller Menschen im Ort.
Auch in Tartlau/ Prejmer wurde ein sehr ähnlicher sächsischer Faschingsbrauch von Rumänen Anfang 2003 als "Festivalul Clătitelor" (Pfannkuchenfest) wiederbelebt. Hier ist die Fastnacht ein buntes Stadtfest mit Pfannkuchenständen und deutscher-Schlagermusik geworden. Eine Karavane von Pferdewagen, voll bepackt mit verkleideten Menschen, fährt durch den Ort, auf einigen davon werden wie früher Pfannkuchen gebacken und in die Menge geworfen.
(Stand September 2010, J. Jürgens)