Bis 1989 spielte zum 1. Mai auf der Michelsberger Burg morgens die Blaskapelle des Ortes auf. Mit „Der Mai ist gekommen” und anderen Liedern wurde der Frühling eingeblasen. Dies war in vielen sächsischen Dörfern üblich. Nach einer Stunde kam die Kapelle ins Dorfzentrum hinunter, dort wurde getanzt. Bis zum nachmittag zogen die Adjuvanten (Blaskapellenmitglieder) dann durch das Dorf und spielten wichtigen Persönlichkeiten des Ortes ein Ständchen. Dafür wurden sie mit Wein entlohnt, den sie in einem Krug sammelten und der einige Monate vorhielt.
Nach der Auflösung der Blaskapelle im Jahr 1990 änderte sich der Brauch des Maiblasens zu dem des Maisingens. Dazu erzählt Siegfried Schullerus, Hermannstädter Pfarrer in Rente, folgende Anekdote: Am 1. Mai 1990 war er mit Besuchern aus Deutschland in Michelsberg, um ihnen mit dem Aufspielen der Blaskapelle an der Burg eine eindrucksvolle sächsische Tradition vorzuführen. In diesem Jahr erschien jedoch kein einziger Adjuvant. Als nach zwei Stunden des Wartens die Einsicht kam, dass die Musikanten wohl den Weg nach Deutschland oder Österreich gefunden hatten, die Michelsberger Blaskapelle sich also aufgelöst hatte, ergriff Pfarrer Schullerus spontan die Initiative und stimmte mit den Besuchern „Der Mai ist gekommen“ an. Seitdem gibt es in Michelsberg am 1. Mai statt das Maisingen. Es wird nicht geprobt und vorbereitet. Wer immer möchte, kommt zum Sonnenaufgang morgens um sieben Uhr zur Burg. Neben den Michelsbergern sind das auch Besucher aus Heltau und aus Hermannstadt, ebenso Touristen. Heute hat sich nach dem Maisingen noch eine Andacht im Freien eingebürgert sowie ein gemütliches Picknick im Burghof.
Maisingen an der Burg, 2010, (Stand Mai 2010, J. Jürgens)