Maibäume in Michelsberg


Das Pfingstbaum-Aufstellen war bei den Sachsen in Siebenbürgen weit verbreitet. Der Mediascher Historiker Carl Göllner unterscheidet bei den Maibaum-Bräuchen drei verschiedene Typen: Den Maibaum für Orts- und Würdenträger, den Liebesmaien und den vegetations-zauberischen Maien. Nur der erste dieser drei Maibaum-Traditionen ist  heute in Michelsberg noch lebendig.

Die Maibäume werden dort heute noch vor der Kirche aufgestellt. Traditionell übernehmen die Jugendlichen die Aufgabe, im Wald junge Birken zu schlagen. Früher durften dies nur die schon konfirmierten Jungen, heute ist man froh, wenn sich überhaupt Jugendliche finden, ob Jungen oder Mädchen, die diese Tradition übernehmen. 

Bis Anfang des 20. Jahrhunderts hatten sächsische Bauern noch Birkenäste vor ihren Häusern und Ställen aufgestellt, um die Truden (Hexen) zu vertreiben, die dem Aberglauben nach am 1. Mai umgingen. Auch heute stellen noch einige Sachsen aus dem Ort Maibäume vor ihren Häusern auf, aus Gewohnheit, auch wenn der "Vegetationszauber" längst verflogen ist. Wann der „Liebesmaien“ seine Bestimmung verlor, ist schwerer auszumachen. Bis zum 2. Weltkrieg war dieser Brauch, bei dem die noch unverheirateten Männer ihrer Auserwählten eine Birke vor die Haustür stellten, auf jeden Fall lebendig. Die Michelsberger Kuratorin Anna Fröhlich erzählt, dass die Bäume höher als der Dachfürst sein mussten, und jeder den Ehrgeiz hatte, der erste zu sein und den größten Baum aufzustellen. Da die Bäume nachts vor die Haustüren gestellt wurden, konnte man sich über die Verehrer nicht ganz sicher sein. Es sei denn, man blieb wach und schaute aus dem Fenster, wie manche Mädchen es taten. 

Heute, so bringt es der Michelsberger Michael Henning auf den Punkt, ist ein Baum vor der Haustür als Botschaft der Zuneigung zu aufwändig - schneller schreibt sich eine SMS! Ein Brauch, so könnte man auch sagen, erledigt sich dann, wenn ihn keiner mehr braucht. 

Der "Liebesmaien" ist aber nicht ganz ausgestorben: In Kerz zum Beispiel stellen rumänische Verehrer der Frau ihres Herzens immer noch an Pfingsten einen Baum vor die Tür. Überhaupt haben die Rumänen die Tradition des Maibaumes übernommen. In vielen Dörfern sieht man um im Mai grüne Bäume vor den Häusern stehen. Mit welcher Bedeutung ist von außen betrachtet nicht auszumachen. 

(Stand Mai 2010, J. Jürgens)