In vielen sächsischen Ortschaften war es üblich, den 1. Mai morgens auf einem nahen Berg zum Sonnenaufgang "einzublasen". In Probstdorf hat sich diese Tradition erhalten. Es gibt sie noch, weil es in Probstdorf noch eine Blaskapelle gibt. Es ist die einzige Blaskapelle im Harbachtal, die sich nach '89 erhalten hat und eine der letzten originär sächsischen Blaskapellen Siebenbürgens überhaupt (neben der Petersdorfer Blaskapelle).
Zum ersten Mai spielen die Probstdorfer Bläser oder Adjuvanten, wie man sie traditionell nennt, um sieben Uhr morgens am evangelischen Friedhof. Mit "Der Mai ist gekommen", dem Siebenbürgenlied, einem Marsch oder einer Polka begrüßen sie den Frühling, und das Dorf im Tal hört zu. Einige Adjuvanten sind seit über 50 Jahren dabei, zum Beispiel August Gapta (81 Jahre), der Älteste und Leiter der Blaskapelle. Einigen der älteren Herren fällt der Aufstieg auf den Berg am 1. Mai mittlerweile schwer, einer kam in diesem Jahr nur mit Hilfe eines Jeeps hinauf und spielt nur noch im Sitzen. Aber am Brauch wird festgehalten. Die buchstäblich letzte Kraft scheinen die würdigen alten Adjvanten in ihre Instrumente zu blasen und erhalten im Spiel den Schwung alter Tage für Momente zurück. Dabei kommen wohl auch viele Erinnerungen an Früher; als es am Nachmittag noch Tanz am Dorfplatz gab und sie bis zum Abend durchspielten. Auch für Zuschauer, die diese Zeiten nicht erlebt haben, entsteht durch die spürbare Energie und Ausgelassenheit der Bläser eine Ahnung, was für ein Ereignis solch ein Dorffest für die Gemeinschaft früher war.
Nach dem Blasen wird traditionell Holzfleisch gegrillt. Dann fährt die Blaskapelle heutzutage mit dem Bus ins benachbarte Roseln/ Ruja, um auch dort am Berg den Mai einzublasen. In Roseln lebt nur noch eine Sächsin, für die der 1. Mai mit dem Aufspiel der Probstdorfer Blaskapelle in ihren Worten der "schönste Tag im ganzen Jahr ist". Danach wird in Probstdorf noch einmal auf dem Dorfplatz aufgespielt und in kleiner Runde gefeiert.
(Stand Mai 2010, J. Jürgens)