Ostern

Ostern war wie Pfingsten und Weihnachten ein dreitägiges Fest. In den Gemeinden gibt es heute nicht mehr an allen drei Tagen einen Gottesdienst, so wie es früher üblich war. Die Pfarrer haben heute meist mehrere Diaspora-Gemeinden zu betreuen und können dies zeitlich nicht bewältigen. Dafür gibt es aber zum Beispiel in der Gemeinde Bartholomae bei Kronstadt seit einigen Jahren wieder einen Oster-Mitternachtsgottesdienst, den Jugendliche gestalten.

Am Karfreitag wird in Petersdorf bei Mühlbach seit zwei Jahren ein „Kreuzgang“ mit Stationen, an denen der Leidensweg Jesu bedacht wird, abgegangen. Der Weg führt vom Pfarrhof zur Kirche, etwa 20 Jugendliche aus dem Ort nehmen daran teil. Der „Kreuzgang“ hat keine alte Tradition, sondern ist neu von Dechant Wünsch eingeführt worden. 

Im Hauptgottesdienst am Ostersonntag ist es in vielen Gemeinden üblich, dass der Pfarrer, gefolgt von der Gemeinde, im Uhrzeigersinn um den Altar schreitet, in Michelsberg gehen erst die Männer, dem Alter nach (zu dem Lied "Bis hierher hat mich Gott gebracht"), dann die Frauen (zu dem Lied "Nun danket alle Gott"). Ebenso wird es an Pfingsten und Weihnachten gemacht. 

Obwohl das Osterfest der Kreuzigung und Wiederauferstehung Christi gedenkt, ranken sich um das Fest viele heidnische Brauchelemente , die an Fruchtbarkeits- und Frühlingsbegrüßungsriten erinnern (mit den Symbolen Wasser und Eier, siehe unten). (Sh. auch Ferenc Pozsony: Festbräuche der Siebenbürger Sachsen, 1999, S. 103-112). 

Ostersonntag

In einigen Orten hat sich am Ostersonntag der Brauch des "Osterbegleits" erhalten: Wie früher in vielen Ortschaften üblich, wird heute der Pfarrer in Stolzenburg, Alzen, Neudorf bei Schäßburg und in Michelsberg noch von der Gemeinde nach dem Gottesdienst von der Kirche zum Pfarrhaus begleitet. Früher war der Zug geordnet nach Alter und Geschlecht, bei heute nur noch 15 bis 50 Menschen anstelle von früher 300 bis 600 damals wird das aber nicht mehr so strenggenommen. Im Pfarrhof halten der Pfarrer und Kurator eine Rede an die Gemeinde. Früher liefen die Kinder voraus und begrüßten die ankommenden kirchlichen Vertreter auf dem Pfarrhof mit einem „Vivat“. Heute mangelt es an den Kindern, trotzdem wird zum Beispiel in Neudorf immer noch das traditionelle Himmelbrot gebacken, eine längliche Oblate, die früher nur an die Kinder, und heute an alle Gemeindeglieder ausgeteilt wird. Dieser Brauch geht auf die Osterprozession zurück, wie sie vor der Reformation abgehalten wurde.

Das Basteln und Verstecken von Osternestern am Ostersonntag ist ebenfalls heute noch geläufig, zum Beispiel in Alzen, wo die Kuratorin und Lehrerin Rosi Müller mit ihren Schülern Osternester bastelt.

Ostermontag

Am Ostermontag gab es früher mehrere Traditionen, das „Bespritzen“, das Eier-Wettlaufen und das Hahnenschießen.

Das „Bespritzen“ ist das einzige, was sich davon heute noch in vielen Gemeinden erhalten hat. Es ist keine ausgemacht sächsische Tradition, sondern auch in Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Polen bekannt. In Siebenbürgen folgen auch Ungarn, Rumänen und Roma diesem Brauch, der hauptsächlich in ländlichen Gemeinden, aber auch in der Stadt noch ausgeübt wird. Traditionell gehen die Jungen und Männer die Mädchen/ Frauen bespritzen, (bei Kindern gehen auch Mädchen die Jungen oder Mädchen die Mädchen bespritzen). Man ging und geht auch heute noch in Altersgruppen. In einigen Orten gehen auch die älteren Sachsen dieser Tradition noch nach, auch in den Städten, aber hier geht man meist nur zu Freunden und Bekannten. Vielerorts wird, in allen Sprachen, vor dem „Bespritzen“ noch in Abwandlung dieser Spruch gesagt: Ich habe gehört, in diesem Haus wohnt eine Rose, darf man sie bespritzen, damit sie nicht welke?

 

Jungen in einem Blockviertel in Schäßburg am Ostermontag 2010 gehen zum "Bespritzen" (Foto: J. Jürgens)

Gespritzt wurde früher mit Veilchen- oder Orangenwasser, heute geht man meist mit einem gekauften Duftwässerchen. Als Dank für das Spritzen verschenken die Frauen des Hauses Eier, die Männer werden mit Schnaps oder Wein und Strietzel versorgt. Das "Bespritzen" endet bei den jüngeren Männern meist erst am Abend, und meist gut angeheitert. Das hat aber sicher schon eine längere Tradition...

Das Wasser ist bei diesem Brauch als Symbol für Fruchtbarkeit zu sehen und hat seine Wurzeln in heidnischen Frühjahrsbräuchen. Bis Anfang des 20.Jahrhunderts holten junge, unverheiratete Mädchen sich vor Sonnenaufgang Wasser aus dem Brunnen oder einem nahen Bach. Das sollte sie jung und frisch halten. Dem Wasser wurde heilende und gesundheitsbringende Wirkung zugeschrieben. Auch das Vieh wurde mancherorts in Flüsse und Bäche getrieben, um es immun gegen Krankheiten zu machen. Dem Brauch hängen heute keine magischen Vorstellungen mehr an, aber er ist in vielen Dörfern ein fröhliches und gemeinschaftsfördernes Ereignis für die ganze Gemeinde.

In Malmkrog bringen die Mädchen am Ostermontag den Jungen im Ort gefärbte Eier, als Fortsetzung des Brauches des Palmzweige-Tragens oder "Afstechens" vom Palmsamstag. (Jeder Junge, der ihnen einen Zweig gebracht hat, bekommt als Dank die Eier zurück).

In vielen sächsischen Orten gab es früher Eier-Wettspiele, am bekanntesten der Eier-Wettlauf. Mir ist nicht bekannt, dass dieser noch irgendwo existiert mit Ausnahme von Neppendorf: Hier hat diesen Brauch so, wie ihn die Sachsen und Landler hier früher hatten, heute die orthodoxe Gemeinde wieder aufgenommen, nachdem er dort nach 1989 verlorengegangen war. Üblich war, dass die jungen Männer, die vor der Aufnahme zum Militär standen, 100 auf einer langen Strecke ausgelegte Eier möglichst schnell einsammeln mussten. Aus den Eiern wurde am Abend eine große Eierspeise für alle gekocht. (Siehe "Ostern" in Neppendorf). Bekannt war der Eierlauf auch in Großkopisch, in Keisd oder Pruden, dort ist er aber verlorengegangen.

Seit spätestens 1989 ist auch das Hahnenschlagen verloren, das einst in allen Regionen Siebenbürgens bekannt war. Die schon konfirmierten, noch unverheirateten Männer (einst die Bruderschaften) schossen oder schlugen in unterschiedlichen Varianten einen geschmückten Hahn tot, der anschließend verspeist wurde. In den Städten, zum Beispiel Hermannstadt verlor sich der Brauch schon Mitte des 19. Jahrhunderts, während in Weilau zum Beispiel bis 1989 die Männer der Gemeinde mit Pfeil und Bogen auf einen an einem Holzpflock angebundenen Hahn schossen. 

(Stand Oktober 2010, Julia Jürgens)